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Sollte eine Promotion kostenlos möglich sein?


Markus Jung

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Also das geht vollkommen in die falsche Richtung die Diskussion. Ich fahre ja nicht nach Hagen zum Seminar und ausserdem, jeder zahlt das Gleiche und wir haben uns dazu entschlossen. Da wurde keiner gezwungen. Es ist nichts verwärfliches dabei. Es macht die Sache easy und ich habe nie hinterfragt wer irgendwas zahlt. Muss ich auch nicht, mein Dr.-Vater ist für mich super und ohne diesen Rahmen könnte ich nicht promovieren. Das sind peanuts und vollkommen normal. Also bitte schließen wir die Diskussion darüber. (sorry gefällt mir nicht).

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Hier noch ein Versuch, etwas konstruktiv beizutragen:

1. Promotionen sind für die Hochschulen nicht umsonst, und auch nicht "billig" in einem landläufigen Sinne. Das gilt insbesondere für Naturwissenschaften oder andere experimentelle Fächer. Dabei sind in jedem Falle Geräte (so etwas hier: https://www.mpg.de/15191397/0721-bich-056839-eines-der-drei-staerksten-hochaufloesenden-1-2-ghz-nmr-spektrometer-weltweit-steht-nun-in-goettingen). Dazu kommen Verbrauchsmaterialien (bei manchen Techniken gehen die richtig ins Geld), manchmal auch spezialisiertes Personal. Wenn der Doktorand so-und-so-viele Stunden einer TA "verbraucht", summiert sich das schnell. Dreimal dürft Ihr raten, warum Triagon, GHU & Co. nur BWL, Jura, und vielleicht noch Informatik anbieten.

2. Auch die Vergabe des Abschlusses als solches ist für die Uni nicht umsonst. Wenn es dezidierte Promotionsbüros (oder wie auch immer genannt) gibt, arbeiten dort ein paar Leute. Die bräuchte es nicht, gäbe es keine Doktorgrade.

3. Umgekehrt erhählt der Doktorand in Form des "Titels" einen wesentlichen Gegenwert - jedenfalls nach gängiger Ansicht. Man schaue sich nur an, welche Klimmzüge hier teilweise für den Titel gemacht werden.

4. Nun wird teilweise argumentiert, dass der Doktorand ja Forschungsarbeit erledigt, die (aus Sicher der Uni, der Gesellschaft, des Doktorvaters ...) sowieso erledigt werden muss. Also verdient der Doktorand aus der Perspektive sogar eine Bezahlung (was es ja auch gibt).

5. Das Argument übersieht aber, dass ein Doktorand nicht die Produktivität eines vernünftigen Postdoc hat. Mir wurde mal gesagt (an einer ernstzunehmenden Uni natürlich), dass ein Lecturer (also grob ein Postdoc) jährlich den Output eines Promotion, also eines Doktoranden in 4+ Jahren haben sollte. In jedem Falle kann ein Doktorand gar nicht so produktiv sein, wie ein erfahrener Mitarbeiter. Bei externen Promotionen verschlechtert sich das Preis-Leistungs-Verhältnis für Uni/Lehrstuhl/Betreuer m. E. noch mal.

6. Nun könnte man argumentieren, dass es ja Ausbildung geben muss. Das ist zwar richtig, aber die Universitäten bringen viel mehr Nachwuchs hervor, als sie beschäftigen können (und auch die Industrie braucht). Diese Masse an Promotionen wird nicht gebraucht. Und auch wenn immer von Doktorandenausbeutung die Rede ist, das geht nicht auf. Meiner Erfahrung nach zumindest. Auch wenn der Doktorand "ausgebeutet" wird, lohnt es sich für den Lehrstuhl nicht. Nun gibt es sicher Fälle, in denen Doktoranden ausgenutzt oder schlecht behandelt werden. Ich glaube aber nicht, dass sich das "lohnt". Das ist Desorganisation, Spass daran andere schlecht zu behandeln usw. Objektiv lohnen tut es sich nicht (deswegen sind auch die Lehrstühle, die Doktoranden schlecht behandeln typischerweise auch nicht die guten. Bei guten und produktiven Lehrstühlen werden auch Doktoranden produktiv behandelt. Lehrstühle, bei denen seit 20 Jahren kein Doktorand abgeschlossen hat, sondern alle nach vier oder fünf Jahren mit Nervenzusammenbruch abgebrochen haben, können nicht produktiv sein).

Zusammenfassend würde ich ein grosses Fragezeichen hinter die üblichen Doktoranden-Klagen setzen. Es gibt wie immer solche und solche Fälle, aber Doktoranden, die sich auf 50%-Stellen ausgebeutet fühlen (gibt es laufend, braucht man nur googlen, da finden sich regelmässige Berichte in Spielgel usw. über das Doktorandenelend) u. ä. jammern in den meisten Fällen unnötig. Was anderes ist es, wenn der Chef ein Arschloch ist und das Klima toxisch, das hat aber nichts mit Bezahlung zu tun. Und ja, ich war auch mal Doktorand.

Vor dem Hintergrund beantworte ich die Frage oder These "Promotionen sollten generell umsonst sein" verneinen. Dafür sehe ich keine Grundlage, es gibt keinen Anspruch auf Promotion und Doktortitel. Insbesondere, wer die Promotion nebenberuflich machen möchte und es nicht schafft, einen Betreuer und/oder finanzielle Untersützung einzuwerben, muss für den Visitenkartenschmuck eben zahlen. Und das sollte auch in Deutschland gelten, ausdrücklich gesagt.

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vor einer Stunde schrieb stefhk3:

4. Nun wird teilweise argumentiert, dass der Doktorand ja Forschungsarbeit erledigt, die (aus Sicher der Uni, der Gesellschaft, des Doktorvaters ...) sowieso erledigt werden muss. Also verdient der Doktorand aus der Perspektive sogar eine Bezahlung (was es ja auch gibt).

5. Das Argument übersieht aber, dass ein Doktorand nicht die Produktivität eines vernünftigen Postdoc hat. Mir wurde mal gesagt (an einer ernstzunehmenden Uni natürlich), dass ein Lecturer (also grob ein Postdoc) jährlich den Output eines Promotion, also eines Doktoranden in 4+ Jahren haben sollte. In jedem Falle kann ein Doktorand gar nicht so produktiv sein, wie ein erfahrener Mitarbeiter. Bei externen Promotionen verschlechtert sich das Preis-Leistungs-Verhältnis für Uni/Lehrstuhl/Betreuer m. E. noch mal.

 

Nun ja, das ist aber doch normal, dass erfahrene Arbeitskräfte produktiver sein können als weniger erfahrene. Deswegen steigt ja normalerweise das Gehalt auch im Laufe der Karriere. Das ist meiner Meinung nach kein Argument gegen Bezahlung, sondern lediglich dafür, Postdocs besser zu bezahlen als Doktoranden. Was im öffentlichen Dienst durch verschiedene Entgeltgruppen und Erfahrungsstufen ja sowieso so ist.

 

vor einer Stunde schrieb stefhk3:

6. Nun könnte man argumentieren, dass es ja Ausbildung geben muss. Das ist zwar richtig, aber die Universitäten bringen viel mehr Nachwuchs hervor, als sie beschäftigen können (und auch die Industrie braucht). Diese Masse an Promotionen wird nicht gebraucht. Und auch wenn immer von Doktorandenausbeutung die Rede ist, das geht nicht auf. Meiner Erfahrung nach zumindest. Auch wenn der Doktorand "ausgebeutet" wird, lohnt es sich für den Lehrstuhl nicht. Nun gibt es sicher Fälle, in denen Doktoranden ausgenutzt oder schlecht behandelt werden. Ich glaube aber nicht, dass sich das "lohnt".

 

Wieso stellen Unis denn deiner Meinung nach dann so viele Doktoranden ein, wenn es sich doch nicht "lohnt"? Aus reiner Menschenfreundlichkeit, damit möglichst viel Menschen einen tollen Dr.-Titel erreichen können? Oder weil sadistische Professoren ständig neue Leute zum Quälen brauchen? Wohl kaum.

 

Meiner Erfahrung nach ist es in manchen Fächern so, dass der Großteil der Forschung von Doktoranden durchgeführt wird. Ohne diese wäre Wissenschaft gar nicht möglich. Und offenbar lohnt es sich für die Unis immer noch mehr, Doktoranden auf 50%-Stellen einzustellen, weil man diese teilweise mit dem Titel "bezahlen" kann. Sonst würden sie es ja nicht so machen und ihr Geld besser für Postdocs ausgeben, wenn die so viel besser sind.

 

(Meine Erfahrung bezieht sich eher auf geisteswissenschaftliche Fächer. Mag sein, dass das in Naturwissenschaften anders ist.)

vor einer Stunde schrieb stefhk3:

Zusammenfassend würde ich ein grosses Fragezeichen hinter die üblichen Doktoranden-Klagen setzen. Es gibt wie immer solche und solche Fälle, aber Doktoranden, die sich auf 50%-Stellen ausgebeutet fühlen (gibt es laufend, braucht man nur googlen, da finden sich regelmässige Berichte in Spielgel usw. über das Doktorandenelend) u. ä. jammern in den meisten Fällen unnötig.

 

Du findest es normal und gerechtfertigt, wenn Leute, die bereits einen Studienabschluss haben, jahrelang auf 50%-Stellen Vollzeit und mehr arbeiten, mit der vagen Aussicht, danach vielleicht, vielleicht weitere befristete Verträge in der Wissenschaft ergattern zu können? Warum??? Ist in anderen Bereichen doch auch nicht so. Zumal in der Wissenschaft oft besonders ehrgeizige und begabte Menschen landen, die woanders sicher ein Vielfaches verdienen könnten. 

 

vor einer Stunde schrieb stefhk3:

 

 

vor einer Stunde schrieb stefhk3:

Insbesondere, wer die Promotion nebenberuflich machen möchte und es nicht schafft, einen Betreuer und/oder finanzielle Untersützung einzuwerben, muss für den Visitenkartenschmuck eben zahlen. Und das sollte auch in Deutschland gelten, ausdrücklich gesagt.

 

Ich wäre da eher noch radikaler und würde mir wünschen, dass diese Titelgläubigkeit (die in Deutschland, denke ich, auch besonders verbreitet ist) aufhört, sodass niemand mehr Doktortitel als "Visitenkartenschmuck" macht. Die Masse an sinnlosen "Forschungsarbeiten" ohne wirklichen Mehrwert, die dabei herauskommt, ist einfach furchtbar. 

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vor 1 Stunde schrieb ClarissaD:

Du findest es normal und gerechtfertigt, wenn Leute, die bereits einen Studienabschluss haben, jahrelang auf 50%-Stellen Vollzeit und mehr arbeiten, mit der vagen Aussicht, danach vielleicht, vielleicht weitere befristete Verträge in der Wissenschaft ergattern zu können? Warum??? Ist in anderen Bereichen doch auch nicht so. Zumal in der Wissenschaft oft besonders ehrgeizige und begabte Menschen landen, die woanders sicher ein Vielfaches verdienen könnten. 

 

Hier gilt mMn der Grundsatz "Kommt drauf an", die Entscheidung für eine Promotion kann individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Mal ist es der gezielte Wunsch in die Forschung zu gehen, mal der Wunsch eines/ einer Spätberufenen parallel zum Job, mal ist es Eitelkeit für das Türschild und mal wird es tatsächlich als bequeme Option wahrgenommen, weil man direkt nach dem Studium das akademische Umfeld kennt und dadurch womöglich keinen großen Tapetenwechsel hin zu einem Unternehmen in der freien Wirtschaft machen muss. 

Daher halte ich die Aussage, dass in der Wissenschaft besonders ehrgeizige Menschen landen, nicht unbedingt für vollständig richtig. Eher würde ich es umformulieren: Besonders ehrgeizige und begabte Menschen entscheiden sich nicht nur dafür, sondern ziehen diesen Weg bis zum Ende durch und tragen mit einem Doktorgrad/ einer Habilitation die Früchte ihrer harten Arbeit.

 

vor 1 Stunde schrieb ClarissaD:

Ich wäre da eher noch radikaler und würde mir wünschen, dass diese Titelgläubigkeit (die in Deutschland, denke ich, auch besonders verbreitet ist) aufhört, sodass niemand mehr Doktortitel als "Visitenkartenschmuck" macht. Die Masse an sinnlosen "Forschungsarbeiten" ohne wirklichen Mehrwert, die dabei herauskommt, ist einfach furchtbar. 

 

Word. 

 

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vor 17 Stunden schrieb ClarissaD:

Du findest es normal und gerechtfertigt, wenn Leute, die bereits einen Studienabschluss haben, jahrelang auf 50%-Stellen Vollzeit und mehr arbeiten, mit der vagen Aussicht, danach vielleicht, vielleicht weitere befristete Verträge in der Wissenschaft ergattern zu können? Warum??? Ist in anderen Bereichen doch auch nicht so. Zumal in der Wissenschaft oft besonders ehrgeizige und begabte Menschen landen, die woanders sicher ein Vielfaches verdienen könnten.

Ja, das finde ich gerechtfertigt. Und es ist in anderen Bereichen auch so, dass die Leute nach ihrer Qualifikation für die konkrete Tätigkeit bezahlt werden. Nach Deiner Logik könnte ja ein Absolvent, der eine Ausbildung macht  (soll es ja geben), auch das Gehalt eines Gesellen oder gar Meisters verlangen, weil er ja schon einen Abschluss hat. Ein Doktorant ist eben ein "Wissenschaftler in Ausbildung" und noch nicht "fertig". Dass die Leute woanders "ein Vielfaches" verdienen könnten, bezweifle ich zumindest für die von Dir genannten Geisteswissenschaftler. In anderen Fächern (in den Geisteswissenschaften natürlich auch) wissen die Leute, worauf sie sich einlassen. Offenbar ist die Promotion attraktiv genug. Es gibt eben auch nicht-materielle Vorteile. Es gab vor einigen Jahren übrigens mal eine akademische Studie, die ich leider gerade nicht finde, welche Stationen einer akademischen Karriere man am besten wo verbringen sollte. Das Ergebnis für die Promotion war: In Deutschland.

Wie üblich, sind natürlich Pauschalisierungen schwierig. Es gibt solche und solche Doktoranden. Und solche und solche Betreuer. Aber einen generellen Anspruch auf eine kostenlose Promotion sehe ich nicht. Man könnte natürlich argumentieren, dass es nur wenige, gute, wirklich interessierte usw. Doktoranden geben sollte, und die sollten dann auch voll bezahlt sein, Vollzeit promovieren und entsprechend selektiv ausgewählt werden. Gut, hat eine gewissen Logik, aber dann scheidet der Doktor für 99% derer, die hier suchen, aus. Die Ausgangsthese war für mein Verständnis schon die kostenlose Promotion für alle Doktoranden, nicht nur für zukünftige Einsteins.

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